MindWalk 23/32 – Tag 6
Zu Fuss durch einen Autobahntunnel gehen. Dafür brauchte er wohl etwas Überwindung. Diese Gelegenheit aber liess er sich nicht nehmen. Er wird er sich gesagt haben: Wage das Wagnis, denn daraus holst du dir jene Eindrücke, die deinem Leben die Note geben, die dir zwingend scheint. – An den Weg und ein starkes Erlebnis beim Gang über den Brünig, erinnert er sich Jahrzehnte später noch – aber an eine ganz andere Szene, als jene, die er im TB notierte. Es gibt anscheinend Erlebnisse, deren Dringlichkeit und Ausserordentlichkeit sich erst mit der Zeit manifestieren.
Tag 6, Gunten, am Abend
Am Morgen regnete es und weil das Schiff erst spät ging, marschierte ich Giessbach zu. Das Dorf aber verpasste ich, weil ich den Giessbach-Autobahntunnel der A8 passierte. Die Strasse ist für den Verkehr noch nicht offen und ich tappte ins Dunkle hinein. Wie still und tot es darin war. Es gingen mir Gedanken durch den Kopf: Wie öde ist das Reisen im Auto! Später wurde das Licht angezündet. Irgendwann tauchte einsam ein Strassenputzwagen auf, den ich davor schon andauernd hörte, ohne zu wissen, was es sein könnte und der meine Lunge dann mit seinen «Dauerfürzen» füllte…
Nach Iseltwald kam ich und setzte mich vor einen Edelspunten. Ich musste ertragen, wie sie da Riz Casimir assen, während ich mein Bierlein trank. Ich legte mich auf den Landungssteg und erwachte einige Male, aber dann erst wieder, als das Schiff schon das Abschiedshorn ertönen liess. Ich juckte auf – bin noch selten so schnell von einem Traum weggekommen – krächzte irgendetwas, rannte, fuchtelte, packte den Rucksack und den Stock, zum Glück gut bepackt, schrie wieder: «Halt! Ich will auch mit, ich muss!» Da erst verstanden sie und kamen zurück – uff. Bevor das Schiff schon wirklich angelegt hatte, wollte ich hinüberjucken. Der Kapitän wollte aber nicht.
Auf dem See und überhaupt auch sonst: Ein Traum. Alles ist so fein und vielfältig gestaltet und zeigt sich im Frühlingsgewand und in der Sonne von der besten Seite. Ich werde die Schweiz vermissen. In Brienz, wo ich übernachtete, nachdem ich über den Brünig kam – gar nicht so schlimm und hoch wie ich dachte – regnete es und meine Stimmung war lau. Deshalb schrieb ich auch nicht mehr. Auf der Brünigstrasse fuhr ich ein kurzes Stück mit dem Auto, zwei Junge hielten an.