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MindWalk 23/32 – Tag 11, Romont

Er scheint wieder im seinem guten Gehmodus zu sein. Zudem kann er seinen Augen Futter geben – im Vitromusée in Romont. Eine Begegnung mit einer Frau, die per Auto ihren Hund spazieren führt (!), scheint erwähnenswert. Sie staunt über den Gehenden und sein Ziel. Kein Wunder, wenn ihr das Gehen selber so fremd erscheint. Und am Ende des Tages macht er eine Bekanntschaft, die ihn noch beschäftigen wird: Er trifft einen anderen Streuner.

Im letzten Abschnitt seines Berichts benennt er eine Erfahrung von Freiheit. Und er weiss, wenn er schreibt „eine davon“, dass es mehrere Formen von Freiheit gibt. Hier lebt er eine. Hat er sich vielleicht im Kern hauptsächlich und deswegen auf den Weg gemacht, um das Thema „Freiheit“ zu erörtern? 

Tag 11, Romont, Nachmittag

Bin im Museum in Romont eingekehrt. Das „Musée de Vitraile“ hat mir Licht gebracht. Besonders ergötzt habe ich mich ob der Lichtorgel.

Die Maschine besteht aus dreimal zwei verschiedenen ornamentierten Glasplatten, die sich durch ein Kettensystem in der Höhe wie auch seitwärts verschieben lassen. Da konnte ich komponieren und beobachten, wie sich Farben durch ein Übereinanderlegen verändern und wie durch die Bleifugen neue Formen entstehen. – Die Sammlung der neuen Scheiben hat mich mehr beeindruckt als jene der alten.

Am Morgen hat mich der Kuckuck immer wieder geweckt. Doch zum Aufstehen war ich noch nicht reif. Erst die Krähe, die schwarze, holte mich aus dem Sack. Beim Morgenessen erfreute mich ein Eichhörnchen. Ein allerseits positiver Anfang. 

In Rue, gegen Abend

Zwischen Romont und der Kapelle – auf einer Tafel vor einem Rasenplatz stand: „Für Pilger reserviert“ –, als ich das grosse Glücksgefühl des Gehenden in mir hatte, begegnete mir eine Frau im Auto, ihr Hund voraus, den sie so spazieren führte. Sie hielt an. Als ich nach ihrer Frage meine Absicht bekanntgab, fiel sie aus allen Wolken und musste partout zwei Fotos von mir und mit Hintergrund Romont schiessen. Ich musste herzhaft lachen. 

Jetzt, in Rue, hechelt es hinter mir. Ein zottiger, überaus lebendiger Hund ist mir nachgelaufen und ich bin schon drei Dörfer weiter. Zum Glück habe ich die Nummer der Besitzer gefunden. Ich läute gleich nochmal auf.

Zu erwähnen ist noch der gestrige Abend. Er war, oder ich fühlte das, was ich die grosse Freiheit nenne (eine davon). Der Bach, der Wald, das Kuhgebimmel, redlich gute Esswaren, ein Feuer, meine „Schnöregiige“ und keine Sorgen – physisch geht’s mir ausgezeichnet, psychisch bin ich oben, materiell nichts zu beklagen und einen guten Schlafplatz hatte ich auch.

Fotos: „Skizze aus dem Tagebuch“ Romont
Im Teaser: Tagebuchseite, Textpassage mit eingeklebtem Blatt